SRM

Supplier Relationship ManagementStrategisches Supplier Relationship Management
“Strategie” und “Supplier Relationship Management” sind heute gerne und vielschichtig verwendete, schillernde und beratungsaffine Begriffe, die folgend kurz erläutert werden sollen.Supplier Relationship Management

Die Bezeichnung “Supplier Relationship Management” signalisiert, dass die Gestaltung und Steuerung der Beziehung eines Unternehmens mit seinen Lieferanten im Zentrum des Ansatzes stehen. Dabei sollen alle relevanten Abteilungen (z. B. Einkauf, Logistik, Qualität, Entwicklung) und – falls möglich – die Lieferanten selbst explizit beteiligt werden. Die abteilungs- und unternehmensübergreifende Gestaltung und Steuerung der Supply Chain soll zu Kosten-, Leistungs- und Finanzierungsvorteilen führen. Bei näherer Betrachtung lassen sich mindestens drei Sichtweisen unterscheiden:9

(1) SRM analog Customer Relationship Management

Bei der ersten Sichtweise steht der Beziehungsaspekt der Lieferantenbeziehung im Mittelpunkt. Ganz bewusst wird das Wort “Supplier Relationship Management” analog zum “Customer Relationship Management” konstruiert, das als Vorläufer gesehen wird und als Vorbild dienen soll. Die sorgfältige Pflege sowie die gezielte Gestaltung und Steuerung der Lieferantenbeziehung sind die zentralen Gestaltungsaufgaben. Supplier Relationship Management ist in dieser Sicht nahezu identisch mit dem Begriff Lieferantenmanagement. Im Mittelpunkt stehen gleichermaßen Verhaltensaspekte, wie die Frage nach Partnerschaft oder machtbasiertem Umgang mit Lieferanten, sowie die Prozesse zur Steuerung der Lieferantenbeziehung, insbesondere die Kommunikation mit den Lieferanten, Lieferantenfreigabe, Lieferantenbewertung, Lieferantenklassifizierung und (zumindest dem Anspruch nach) Lieferantenentwicklung. Dv-Aspekte werden als technisch nachgeordnet betrachtet und bestenfalls als Implementierungsproblem am Rande angesprochen.

(2) IT-technisch geprägtes SRM

Dieses Verständnis wurde seit Ende der 90er Jahre von Lösungsanbietern der IT-Branche geprägt, die im SRM ein neues lukratives Geschäftsfeld identifizierten. Unter der Überschrift SRM werden insbesondere die internetbasierten Beschaffungslösungen zusammengefasst. Dazu zählen beispielsweise die dv-technische Anbindung von Lieferanten per EDI, um unterschiedliche Prozesse in der Zusammenarbeit mit den Lieferanten zu automatisieren (z. B. Bestellabwicklung, Collaboration), elektronische Kataloge, elektronische Marktplätze, Ausschreibungen und Auktionen. Insgesamt sind diese Lösungen weitgehend operativ ausgerichtet. Die Hinwendung zu den eher strategischen SRM-Prozessen fand erst in der nächsten Stufe statt, der dritten Sichtweise.

(3) SRM im Sinne des integrierten Beschaffungsmanagement

Die dritte Sichtweise verfolgt eine umfassende und systematisch integrierte Gestaltung und Steuerung der gesamten Lieferantenbeziehung. Sie umfasst damit die ersten beiden Sichten:

  • Die Ansätze werden um die strategischen SRM-Prozesse, wie beispielsweise das Warengruppenmanagement erweitert. Letztlich wird unterstellt, dass die Lieferantenbeziehung von der übergreifenden Supply-Strategie sowie von der Warengruppenstrategie vorgesteuert wird. Allerdings muss einschränkend angemerkt werden, dass die explizite Ausrichtung des gesamten SRM an der Supply-Strategie zwar gefordert wird, jedoch in der Praxis eher noch visionär einzuschätzen ist.
  • In diesem Rahmen erhalten das Einkaufscontrolling und die Spend-Analyse einen neuen Stellenwert. Eine systematisch integrierte Gestaltung und Steuerung der Lieferantenbeziehung verlangt auch eine systematische Ausrichtung an den Zielen und ein umfassendes Procurement Performance Management.
  • Mittlerweile werden unter dem Begriff SRM häufig auch herkömmliche ERP- bzw. Data-Warehouse-Systeme verstanden, wenn sie über Workflow- und Internetkomponenten verfügen. Für die heute angebotenen Softwarelösungen steht zumeist die unternehmensübergreifende Integration und die Ganzheitlichkeit des Ansatzes im Vordergrund.

Insgesamt ergibt sich somit ein sehr weites und umfassendes Verständnis von SRM, das dieser Studie zugrunde liegt:

SRM wird als umfassende strategieorientierte, cross-funktionale und unternehmensübergreifende Gestaltung und Steuerung der Prozesse an der Lieferantenschnittstelle verstanden. Dabei werden die oben bereits vorgestellten strategischen Erfolgsfaktoren gleichermaßen berücksichtigt: (1) strategische und operative Prozesse sowie Methoden, (2) Mitarbeiterqualifikation und (3) internetbasierte IT-Lösungen. Ein derart weites Verständnis von SRM kann damit mit internetbasiertem Supply Management gleichgesetzt werden.

9Die folgenden Ausführungen orientieren sich an Appelfeller, Buchholz (2005), insbesondere S. 3ff., Heß (2008), S. 19 ff., Hildebrand, Koppelmann (2002),

15M-Architektur®:
neues Kapitel (2. Auflage) Teil 1, Kapitel 5.3 [Heß; Supply-Strategie; S. 63 ff; 2. Auflage]

Quellen/Literaturhinweise:
Appelfeller, W.; Buchholz, W.; Supplier Relationship Management; (2005); Wiesbaden S. 3 ff.
Heß, Gerhard; Supply-Strategien in Einkauf und Beschaffung; 2. Auflage (2010); Gabler Verlag Wiesbaden
Hildebrand, H.; Koppelmann, U.; Beziehungsmanagement mit Lieferanten; Stuttgart 2002.

Verbundene Schlagworte:

Vertiefungen/Studien:
Heß, Gerhard; Ettinger, Alfons; Wesp, Rudolf; Strategisches Supplier Relationship Management mit System; 2010

In der vorliegenden Studie werden zunächst die Kernprozesse im strategischen Einkauf auf Potenziale einer Softwareunterstützung hinterfragt. Hierzu wird von der 15M-Architektur der Supply-Strategie®, einem Konzept zur nachhaltigen Entwicklung des strategischen Einkaufs, ausgegangen. Für die einzelnen Prozesse werden Best-Practice-Lösungen der SRM-Softwareanbieter (SRM = Supplier Relationship Management) vorgestellt. Basis sind sieben teils ganztägige Interviews mit Vertretern der Firmen Allocation Network, Hubwoo, Onventis, Selected Services, SoftconCis, SupplyOn und Xcitec. Darüber hinaus werden realistische Visionen einer möglichen Softwareunterstützung entwickelt. Im zweiten Teil der Studie werden die SRM-Lösungen der befragten Unternehmen vorgestellt und hinterfragt, inwieweit sie die Prozesse eines strategischen Einkaufs unterstützen.

Weiterführende Links:

 

Autor: G. Heß – 20100127